
Keine Gefängnisstrafe wegen Fahrens ohne Fahrschein
Keine diskriminierende Gewalt bei Ticketkontrollen
Auf unseren Hilfstouren erleben wir immer wieder, dass Stammgäste einige Wochen von unseren Ausgaben fernbleiben, weil sie eine Haftstrafe wegen Fahrens ohne Fahrschein absitzen müssen. Vor dem Gesetz gilt dieses Delikt als Straftat und kann schließlich zu einer Gefängnisstrafe führen. Betroffen sind in erster Linie Menschen mit wenig finanziellen Ressourcen, psychischen Erkrankungen oder Suchtproblemen. Wir finden, dass jeder Mensch ein Recht auf Mobilität hat und erachten eine Gefängnisstrafe als Folge für das Fahren ohne Ticket als absolut unverhältnismäßig.
Neben der oben beschriebenen Problematik kommt noch hinzu, dass viele unserer Gäste regelmäßig aus den von der BVG und Bahn verwalteten Räumen verdrängt werden. Oft werden die Rausschmisse aus Bussen, Zügen, Trams und Bahnhöfen von Security Personal gewaltsam vollzogen. Das Security Personal handelt selten deeskalativ, eine Problematik, die auch in der Kampagne #weilwirunsfürchten in Bezug auf rassistische Gewalt bei Ticketkontrollen thematisiert wird.
Mit der Initiative „Mobilität für alle“ macht die Berliner Obdachlosenhilfe e.V. auf diese Problematik aufmerksam, setzt sich für eine andere Anzeigenpraxis der Verkehrsunternehmen sowie für eine gesetzliche Neuregelung ein. In Kooperation mit anderen Einrichtungen für obdachlose und wohnungslose Menschen stellen wir vor allem Personen mit besonderem Bedarf (z.B. kein Anspruch auf Sozialleistungen) BVG-Monatskarten zur Verfügung und schützen sie damit vor einer potenziellen Haftstrafe. Die Fahrkarten werden aus Spenden finanziert. Mit unserer Initiative wollen wir außerdem das öffentliche Bewusstsein für dieses Thema schärfen.
Die Problematik
Auch in Bezug auf Mobilität treten verschiedene Diskriminierungsformen gemeinsam auf, wodurch sich die Problematik für Personen, die von verschiedenen Diskriminierungsformen betroffen sind, zuspitzt. Obdachlose Flinta* (Frauen, Lesben, Inter, non-binäre, Trans und A-Gender-Personen), die besondere Schutzräume benötigen und oft bereits traumatisierende Erfahrungen gemacht haben, müssen häufig noch mehr und weitere Strecken zurücklegen, da die Anzahl der Unterkünfte für Flinta* viel zu gering ist. Hierdurch erhöht sich die Gefahr beim Fahren ohne Ticket erwischt zu werden. Außerdem können (gewaltsame) Kontrollen durch Securities zu Retraumatisierungen führen. Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung sind auf spezielle, barrierefreie Unterkünfte sowie auf barrierefreie U- und S-Bahn-Stationen angewiesen. Häufig erleben wir, dass Aufzüge in den Stationen kaputt sind oder gar keine Aufzüge vorhanden sind, wodurch Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung der Zugang zu den Bahnen verwehrt wird. Menschen werden zudem aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert und teilweise besonders brutal von den Securities behandelt. Die Liste könnte noch lange fortgeführt werden.
Unsere Forderungen
- Wir fordern ein Ende jeglichen diskrimierenden Verhaltens von BVG Securities!
- Wir fordern eine unabhängige Beschwerdestelle für gewaltsame Übergriffe und Diskriminierungen!
- Wir fordern besondere Schutzräume für Flinta* in den Zügen sowie S- und U-Bahn-Stationen!
- Wir fordern die Sicherstellung eines barrierefreien Zugangs zu allen Zügen sowie S- und U-Bahn-Stationen!
Unser langfristiges Ziel
Ebenso wie es ein Menschenrecht auf Wohnen gibt, sollte es auch ein Menschenrecht auf (angemessene) Mobilität geben. Dies kann nur sichergestellt werden, wenn der gesamte ÖPNV in öffentliche Hand überführt wird. BVG und Bahn dürfen keine gewinnorientierten Unternehmen sein! Deshalb fordern wir einen kostenlosen ÖPNV sowie eine Vergesellschaftung von BVG und Bahn.
Wir verzichten bei unserer Initiative bewusst auf den Begriff „Schwarzfahren“ und berufen uns dabei auf die Argumentation der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V. .